Contest University Friedrichshafen 2024
Die Contest University wurde durch Michael Höding, DL6MHW organisiert – seiner Einladung zur Teilnahme waren über 100 Interessierte gefolgt. Die zweiteilige Veranstaltung richtete sich mit dem Vermitteln von Basis-Wissen, Informationen zu Logbuch-Programmen und Log-Auswertung an Interessierte ohne Contesterfahrung. Fortgeschrittene wurden über QRP-Contesting, Taktiken bei RTTY informiert. Highlight war zum Schluss die Interviewrunde mit Manfred Wolf, DJ5MW, der wohl als Deutschlands bester Contester angesehen werden darf und sein „Geheimwissen“ offenlegte.
Grundlagenwissen
Newcomer erfuhren, dass es Contesting schon seit 100 Jahren gibt, denn die Transatlantiktests aus den Kindertagen des Funkens waren Experimentalfunk in „Reinkultur“: Die Bestätigung, ob Zeichen von hüben auch drüben ankamen, wurde per Telegramm via Draht übermittelt! Anhand von Beispielen wurde deutlich, worin der Reiz von Contestteilnahmen liegt und welche Ziele gesetzt und erreicht werden können. Con-Test: Zusammen das Beste oder den oder die Besten gemeinsam herausfinden. So kann „Contest“ erklärt werden. Dass sich mit kleinen Stationen interessante DX-Stationen erreichen lassen, zeigen Beispiele mit Balkonantennen und Leistungen von nur 5 Watt, denn viele große Conteststationen sind mit guten Antennen und Empfängern ausgestattet, um leise Signale gut aufnehmen zu können. Es wurde auf die Betriebstechnik eingegangen, die Geduld und gutes Zuhören zur Grundlage hat, um fehlerfrei die Verbindungen abzuschließen und so zum zügigen, reibungslosen Funkverkehr im Contest beiträgt. Contestbetrieb findet in fast jeder Betriebsart im Kurzwellenbereich oder auf den VHF/UHF oder SHF-Bändern statt, egal ob Telegrafie, Telefonie, Funkfernschreiben oder die digitale Betriebsart FT8/FT4. Entscheidend ist, was die Regeln für den jeweiligen Wettbewerb besagen, denn diese muss der Operator kennen.
Ohne PC und Software geht es nicht
Lutz Gutheil, DM6EE zeigte mit seiner „Vorlesung“ auf, welche Unterschiede und Möglichkeiten die reichlich am Markt vorhandenen teils kostenlose Contest-Logbuchprogramme in sich bergen. Nach dem Contest sollte das Logbuch zum Auswerten eingereicht werden, um einerseits zu sehen, wie sich das eigene Ergebnis im Gesamtclassement darstellt und um andererseits daraus Folgerungen in puncto Strategie und technische Veränderungen für die nächste Contestteilnahme zu ziehen.
Auswertung
Einblick in die Arbeit der Contestauswertung gab Heiko Mann, DL1RTL. Hier ging es neben dem fehlerfreien Erstellen eines Logs und das Übertragen der erzeugten Log-Dateien an die dafür vorgesehenen Server um das zeitintensive Auswerten der vielen zig-tausend Daten. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass das doch alles „automatisch per Computer“ passiert, erklärte Heiko, dass es zahlreiche Schritte sind, die zwar mit Hilfe des PC geschehen, jedoch immer wieder einzelne Verbindungen nachzuprüfen sind. Die Auswerte-Software gibt es nicht irgendwo quasi von der Stange zu kaufen, sondern diese ist in einer Reihe von Jahren immer weiterentwickelt und in Teilen immer wieder neu programmiert worden – ehrenamtlich übrigens.
QRP funktioniert!
Mit kleiner Leistung europa- und weltweit erste Plätze zu belegen und Plaketten und Pokale einzuheimsen, ist keine Utopie. Pit Schmidt, DK3WE hat das mit seinen Ergebnissen in den letzten Jahren mehrfach gezeigt. Er gab einen Überblick über seine QRP-Station und die technische Entwicklung der Station.
RTTY-Taktik
Mit Hinweisen zum taktischen Vorgehen beim RTTY-WAE-Contest weckte Andreas Winter, DK4WA das Interesse des Auditoriums. Entscheidend sind nicht riesengroße Antennen oder maximale HF-Leistung und viele QSOs, sondern es gewinnt am Ende die Station mit der höchsten Punktzahl. Dabei ist der QTC-Verkehr bei diesem Contest das Salz in der Suppe. Die Zahl der Verbindungen gepaart mit den Multiplier- und QTC-Punkten muss permanent im Auge behalten werden, um zu entscheiden, ob weiter nach Multiplier gesucht oder vermehrt auf freier Frequenz gerufen wird. Auch die Bonuspunkte für Verbindungen im 80m- oder 40m-Band können sich für die Endabrechnung erheblich auswirken. Dass bei RTTY in den USA und Japan andere Frequenzbereiche beachtlich sind, war sicher nicht jedem bewusst. Hilfreiche Hinweise zur konkreten QSO-Abwicklung im RTTY-Betrieb werden bei künftigen Teilnahmen am RTTY-WAE-Contest von den Zuhörerinnen und Zuhörern bestimmt berücksichtigt.
Geheimwissenschaft Contesterfolg – oder doch nicht?
Den Schlusspunkt setzte das Interview zwischen Michael Höding, DL6MHW und Manfred Wolf, DJ5MW. Manfred offenbarte im Interview die mit Spannung erwartete Geheimrezeptur seines Erfolges in unzähligen Contesten: Aus Fehlern lernen, heißt, Fehler zu erkennen. Die eigenen (körperlichen) Schwächen wie Müdigkeit in langen Contesten durch Pausen- und Ernährungsplanung zu überwinden und kleine Motivationspritzen durch das Beobachten von Online-Scoreboards sind Beispiele für die kleinen „Helferlein“ im Contestalltag. Selbst die kleine Belohnung zwischendurch getreu dem Motto „in einer halben Stunde gibt’s ein Stückchen Schokolade – also halt durch!“ kann helfen. Stichworte „Schokolade und Ernährung“: Jeder muss für sich herausfinden, welches „Contestfood“ einem guttut. Fitness hilft immer, jedoch muss langes Funken trainiert werden. Bei gewissen taktischen Vorbereitungen spielen Regelkenntnisse, das Wissen um Vorjahresergebnisse und Funkwetterprognosen ebenso eine Rolle wie das Einrichten des Contestprogramms. Die „geheime“ technische Komponente an der Station von Manfred ist alles andere als geheim. Geräte zu überprüfen wird wohl jede und jeder vor dem Contest auf dem Aufgabenzettel stehen haben. Kontinuierliche Verbesserungen der letzten Jahre erwachsen aus Erkenntnissen von Contest zu Contest und tragen zum regelmäßigen Erfolg bei. Bei den von Manfred verwendeten Antennen spielt der Eigenbau eine herausragende Rolle. Viel Kraft und Ausdauer musste aufgebracht werden, um preisgünstige Draht-Yagis in unterschiedliche Richtungen aufzuhängen. Dass dabei die Natur nicht immer im Operatorsinn mitspielt, zeigten die Fotos. Sieben Elemente für 20m zwischen Bäumen und Sträuchern so in die Höhe zu bringen, dass eine Richtwirkung zu erwarten ist, kann nicht als Kinderspiel angesehen werden. Welche Mühen dahinterstehen, insgesamt vier Drahtyagis mit 3 bis 7 Elementen für 20m bis 10m zu entwickeln, zu testen und zu überarbeiten und erneut in die Luft zu bringen, lässt sich nur halbwegs erahnen. Neben den 8 Sendeantennen für 160m bis 10m sind noch vier Beverage Antennen für den Empfang auf den unteren Bändern gespannt. Für die Pflege der Station – sie befindet sich nicht am Wohnort von Manfred – sind Urlaubstage und zahlreiche Wochenenden einzuplanen. Die eingesetzte Zeit und kontinuierliche Verbesserungsarbeit einerseits und andererseits die Bereitschaft aus Fehlern zu lernen und Erkenntnisse in abrufbares Wissen einfließen zu lassen begründen wohl den Erfolg von Manfred Wolf, DJ5MW. Geheimrezeptur? Fehlanzeige! Der große Applaus der „Studierenden an der Friedrichshafener Contest-University“ ist der Offenheit und Klarheit der Antworten wie auch dem bescheidenen Auftreten von Manfred geschuldet. Er wird es vielleicht als kleine Motivationsspritze für den nächsten erfolgreichen Contest mit nach Hause nehmen. Und den Erfolg gönnen ihm sicher alle – uneingeschränkt.
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